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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

200 Jahre Städel (7) Max Beckmanns Stillleben mit Saxophon

Petra Kammann stellt ihre ganz persönlichen Schätze im Städel vor (5)

Den in Leipzig geborenen Bildhauer und Maler Max Beckmann hatte es nach Frankfurt gezogen. Hier war er von 1917 bis 1930 Professor an der Frankfurter Städelschule, ab 1925 leitete er dort ein Meisteratelier und wohnte bis 1937 ganz in der Nähe, an der Schweizer Straße 3. Hier malte er nicht nur 1919 sein rätselhaftes Bild von der roten Synagoge mit der Grünspankuppel am Börneplatz, den Frankfurter Hauptbahnhof, den Eisernen Steg, das Nizza und etliche andere berühmte ausdrucksstarke Gemälde mehr. Frankfurt war in den 1920ern und frühen 1930er Jahren neben Berlin die turbulente Metropole mit internationalem Kultur-und Nachtleben.

Durch seine Gemälde erleben wir, dass in der Stadt am Main zwischen 1925 und 1931 auch improvisierter Hot-Jazz zu hören war. Der weltoffene Geist des damaligen Frankfurter Oberbürgermeisters Ludwig Landmann zog internationale Künstler hierher. Sogar am „Dr. Hoch’s Konservatorium“ wurde plötzlich Jazz gelehrt, Beckmann ist so fasziniert von dieser für europäisch geprägte Ohren neuartige Musik, dass er das charakteristische Instrumentarium einer Jazzband in seinem fast kubistisch angelegtem „Stillleben mit Saxofonen“ von 1926 auf besonders kontrastreiche Weise und in voller Breite „lautstark“ in schrillen Farben porträtierte. Die rhythmisch angeordneten Gegenstände Saxofon, Klarinette, Trommeln, Notenblätter, Spiegel, Blumen scheinen ein eigenartiges Eigenleben zu führen.

Die Aufschrift auf dem linken Saxofon „Bar African“ erinnert an eine Frankfurter Jazzkneipe der Zeit, während der Hinweis New York auf der rechten Bildseite auf einen Sehnsuchtsort, den Ort seiner ersten Ausstellung oder den seiner späteren Emigration, verweist. „Hörst Du den Lärm meiner Bilder?“ fragt Beckmann in einem Brief an seine junge Frau Quappi. Er liebte den Jazz. Das Stillleben wurde schon ein Jahr darauf von Museumsdirektor Georg Swarzenski mit Mitteln der Frankfurter Künstlerhilfe für die Städtische Galerie erworben. Die Situation sollte sich schnell ändern, da nicht nur die „verjudete Niggermusik“ bei den Nazis verfemt war. Schon 1936 gerät das Bild in die Ausstellung „Entartete Kunst“ nach München und wird als „kulturbolschewistisches Machwerk“ beschlagnahmt. Beckmann wird aus dem Lehramt entlassen, Swarzenski als Direktor ebenfalls. 76 weitere Gemälde verschwinden aus dem Museum. Dass einige seiner Gemälde heute wieder im Städel zu sehen sind, ist eine andere Geschichte und ein Glück für Frankfurt.

Wie gut, dass der in Frankfurt so produktive Max Beckmann in der ständigen Sammlung nun in einem eigenen Raum sowie in einem neuen Kontext gezeigt wird. So wird heute beispielsweise seine Rolle als Lehrer an der Städelschule thematisiert mit Bildern von Beckmann-Schülern oder von dessen Freunden, mit Arbeiten aus Beckmanns künstlerischem Umkreis sowie mit Gemälden und Fotografien von Künstlern der Neuen Sachlichkeit.

→   200 Jahre Städel (1)
Petra Kammann stellt ihre ganz persönlichen Schätze im Städel vor

→  200 Jahre Städel-Stiftung – Städel Museum Frankfurt am Main

→ Max Beckmanns Faust-Zyklus im Museum Wiesbaden

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