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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Städelschule: Rundgang 2015 (6)

Von Erhard Metz

200 JAHRE STÄDELSCHULE

Am 15. März 1815 schlug mit der Unterzeichnung des Testaments (Stiftungsbriefs) letzter Fassung durch Johann Friedrich Städel (1728-1816) die Geburtsstunde nicht nur für das Städel Museum, sondern auch für die „Staatliche Hochschule für bildende Künste“, wie sie heute heisst – kurz Städelschule genannt.

Städel vermachte seine – Zitat – „beträchtliche Sammlung von Gemählden, Kupferstichen und Kunstsachen nebst meinem gesammten dereinst zurück lassenden Vermögen … der Stiftung eines besonderen, für sich bestehenden und meinen Namen führenden Kunstinstituts zum Besten hiesiger Stadt und Bürgerschaft“. Das Kunstinstitut bestand aus einem Museum (Städelsche Galerie) und einer Kunstschule („Lehranstalt“), die nach Abschluss eines langjährigen Rechtsstreits über das Testament ihren Betrieb zunächst in Städels einstigem Wohnhaus am Rossmarkt aufnahmen und 1833 in das Palais des „Thurn und Taxisschen Oberpostmeisters Freiherr von Vrints-Treuenfeld“ in der Neuen Mainzer Strasse umzogen. 1878 folgte dann der Einzug von Galerie und Lehranstalt in die heutigen Gebäude des Städel Museums beziehungsweise der benachbarten Hochschule am Sachsenhäuser Mainufer. Die Schule berief 1824 einen ersten Lehrer für Zeichnen, 1829 folgten Klassen für Malerei und Bildhauerei. Heute zählt sie mit ihrer internationalen Professoren- und Studentenschaft zu den renommiertesten und einflussreichsten Kunstakademien weltweit.

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Nun zur Fortsetzung des Rundgang 2015:

Gebäude Daimlerstrasse: Forschung und Experimentelles

Der diesjährige Städelschul-Rundgang Mitte Februar 2015 liegt nun bereits einige Zeit zurück, was uns aber nicht daran hindert, auch von unserem Besuch der Dependance in der Daimlerstrasse Zeugnis abzulegen. Wie uns ohnehin nicht so sehr der schnelle Blick und „Klick“ aufs Aktuellste interessiert, sondern die Nachhaltigkeit einer Berichterstattung, die also auch in der Zukunft eine Rückschau auf Sehenswertes der Vergangenheit gewährleistet. So wie wir es – und die meisten unserer Leserinnen und Leser wohl ebenso – etwa recht spannend finden, auf die Rundgangsveranstaltungen früherer Jahre zurückzublicken, auf das also, was damals den Studierenden wichtig war und was sich heute in manchem als Ausgangspunkt und Motor ihrer weiteren künstlerischen Entwicklung darstellt.

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Kim Yunker, Stacy’s Mom Took Too Many Pics, 2015; Chickenwire, paper mache, wood, wheels, paint; Sculpture, 164 x 100 x 108 cm

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↑ (v.l.) Leon Eisermann, Untitled, 2014, Glazed ceramics; Jonathan Penka, Fröhlicher Rhythmus, 2015, Draht, Gips, Klebeband, Sprühlack; an der Wand verdeckt die Arbeit der Rundgangspreisträgerin 2015 Leda Bourgogne
Leon Eisermann, Decap, 2014, Resin, polarized sunglasses, fiberglass

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Materialien wie Maschendraht und Pappmachee, Harz und Autolack, Fiberglas (GFK) oder Polyurethane, Polystyren (Polystyrol) oder Polyacryl sind seit langem in der „Bildhauerei“ – wie antiquiert mutet dieser Begriff inzwischen an – gang und gäbe, die klassischen Materialien wie Stein, Holz oder Metall hingegen seltener anzutreffen. Schäume und Kunststoffe der verschiedensten Art, wie sie im Alltag in Industrie und Haushalt Anwendung finden, ermöglichen als Werkstoffe völlig neue Erfahrungen in der künstlerischen Materialbearbeitung und Formgebung. Die in den Ateliers in der Daimlerstrasse anzutreffenden Skulpturen, Objekte und Installationen stellen dies – sehr eindrucksvoll raumgreifend und erfahrbar – unter Beweis.

Wir beobachteten Besucher des Rundgangs, die tatsächlich in ihren Taschen nach Kleinmünzen kramten und diese, mit dem Rücken zum „Brunnen“ der Rundgangspreisträgerin Anina Troesch, über die Schulter in das kleine Wasserbecken warfen. Die Fontana di Trevi in Mainhattan, Bankfurt repräsentiert durch einen armseligen Greenback, den One Dollar-Schein (der sich jüngst anschickt, in der Parität den Euro einzuholen!). Was man sich beim Münzwurf wohl so alles gewünscht haben mag?

Martin Kähler lotet den hohen Atelierraum aus: Seine zum Teil von Schaumstoff ummantelten Drähte und Kupferrohre vollziehen skurrile Kurven und Verrenkungen, treffen sich mit den technischen Gebäudeinstallationen, wobei der Betrachter verunsichert ist, wo das Kunstwerk aufhört und Installationsleitungen anfangen oder auch umgekehrt (wie doppeldeutig ist der Begriff „Installation“!). Und Edi Danartonos haptische Objekte hätten wir allzu gerne angefasst – aber das hätten wir ja wohl nicht gedurft – oder?

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Xenia Bond, Untitled 2, 2015, Polyurethane, automotive paint, gloss

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Anina Troesch (Rundgangspreisträgerin 2015), Wishing Well, 2015, Water, concrete

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Martin Kähler, untitled (Ausschnitt), 2015, foam, plaster, concrete, copper, iron wire

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Edi Danartono
↑ Orang Baru (The New Man), 2015, merino wool, polyacrylics, stretchers; 190 x 150 cm
↓ Affenfrüchte (Mistaking the sun), 2015, paper maché, polystyrene, wire, varnish, approx 15 x 20 x 17 cm each

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Abgebildete Arbeiten © jeweilige Studierende;
Fotos: Erhard Metz

→ Städelschule: Rundgang 2015 (7)
→ Städelschule: Rundgang 2015 (1)

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