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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Deutscher Fairness-Preis und Initiativpreis 2013 an Detlef Flintz und Joblinge e.V.

Von Renate Feyerbacher

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Norbert Copray, Gründer und geschäftsführender Direktor der Stiftung, und Detlef Flintz

Wie in jedem Jahr seit 2001 verlieh die gemeinnützige Fairness-Stiftung den „Fairness-Preis“ an eine engagierte Persönlichkeit und den „Initiativpreis“ an eine Organisation, die sich jeweils für Fairness in Wirtschaft und Gesellschaft einsetzen.

Gegründet wurde die Stiftung von Norbert Copray, Philosoph, Theologe, Sozialwissenschaftler und Coach für Führungskräfte. Sein Credo: „Verhalte Dich zu anderen und Dir selbst gegenüber so, wie Du willst, dass andere mit Dir umgehen, wenn Du auf das Wohlwollen anderer angewiesen bist!“

Die wenigen hauptamtlichen Mitarbeiter und die vielen Ehrenamtlichen haben sich auf die Fahnen geschrieben, sich einzusetzen

  • für Fairness in Wirtschaft und Gesellschaft, in Politik und Kultur, Sport und Medien
  • für Fairness-Professionalität in der Führungs- und Unternehmenskultur
  • für kompetente und faire Bewältigung sowie Prävention sozialer und personaler Risiken in Unternehmen und Organisationen
  • gegen unfaire Attacken und gegen Bedingungen, die Unfairness in Unternehmen und Organisationen begünstigen
  • gegen unfaire Praktiken, zu denen illegale, illegitime, irreguläre und unethische Vorgehensweisen in Unternehmen bzw. Organisationen zählen

Das „Fairness-Barometer“ hat zum Beispiel herausgefunden, dass zehn Prozent der Bundesbürger am Arbeitsplatz gemobbt oder diskriminiert werden. Daher wird zum Beispiel eine anonyme Hotline-Beratung für Menschen in solchen Konfliktsituationen angeboten beziehungsweise es werden Ansprechpartner vermittelt, die helfen können.

Das Fairness-Forum, das anlässlich der Preisverleihung in jedem Jahr veranstaltet wird, stellte dieses Mal die Frage: „Was können Medien und Journalisten für Fairness und Transparenz (nicht) leisten?“

Was sie leisten können, zeigen der Fairness-Preisträger 2013, Detlef Flintz, Redakteur beim WDR, und sein Team der markt-Redaktion, die die erfolgreiche Sendereihe MarkenCheck realisieren. Die Auszeichnung gilt den 2012 gesendeten Beiträgen.

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Detlef Flintz, Redakteur Simon Pützstück, Autorin Edith Dietrich, Ehefrau Flintz

Seit 2001 arbeitet Detlef Flintz in der markt-Redaktion des WDR. Er entwickelte den MarkenCeck, er ist der Ideengeber hinter den Kulissen. Der studierte Volkswirtschaftler, Jahrgang 1958, war vorher unter anderem für die Sendungen „Quintessenz“, „plusminus“ und „Monitor“ tätig. Für seine Reportage (zusammen mit der jungen Kollegin Gönke Harms) „Kinderschinder – der Preis für eine Tasse Kaffee“, ARD 2010, erhielt er den Medienpreis der Deutschen Bischofskonferenz.

Mitgebracht hatte Detlef Flintz außer seiner Ehefrau, bei der er sich bedankte, zwei Mitarbeiter, deren Arbeit er würdigte: die Autorin Edith Dietrich, die an zwei MarkenChecks (Nivea und Media Markt) beteiligt war, und den Redakteur Simon Pützstück.

Die Laudatio hielt Claus Eurich, Professor für Journalistik an der TU Dortmund mit dem Schwerpunkt Ethik. Er bezeichnete den Journalismus als die Vierte Gewalt, als existentielles Gut. Die freie Information, ihre Erstellung und der Zugang zu ihr seien ein elementares Menschenrecht. „Was wir wissen, zu wissen glauben, verdanken wir Journalisten.“ Natürlich meinte er den Qualitätsjournalismus, zu dem er die Arbeiten von Detlef Flintz und dessen Kollegen zählt.

Er lobte die faire Erzählweise der Autoren, die offen und vom Publikumsinteresse her an die Thematik herangehe und dabei das „Spielerische“ nicht vergesse. Das sei eine Gratwanderung, die ins Infotainment abrutschen könne, aber nicht im konkreten Fall abrutsche. Er hält die Sendereihe für gelungen, im Gegensatz zur Süddeutschen Zeitung, die vor allem den Unterhaltungswert lobe.

Das ist zu kurz gegriffen, denn es gibt deutliche Kritik in den Beiträgen des MarkenCheck: zum Beispiel in denen über Apple, da werden die Arbeitsbedingungen in Asien kritisiert, oder über Aldi, dem die unzureichende Fairness gegenüber den Mitarbeitern vorgeworfen wird. Natürlich gibt es auch Preisvergleiche und die Frage, inwieweit Aldi oder auch Lidl preisgünstiger sind. Die Sendungen sind für Verbraucher gedacht.

Vorbilder im Journalismus sind gefragt. Für Claus Eurich ist der Preisträger Detlef Flintz ein Vorbild.

Mit dem Initiativpreis 2013 wurde der Verein Joblinge e.V. ausgezeichnet: für sein exemplarisches Handeln im Sinne von „Transparenz und Verständlichkeit von gesellschaftlich relevanten Entscheidungen, Produkten und Dienstleistungen“, so formulierte es die Laudatorin Irene Thiele-Mülhan. Vereinsvorstand Ulrike Garanin nahm die Auszeichnung entgegen.

Gemeinsam gegen Jugendarbeitslosigkeit vorzugehen lautet das Motto dieser gemeinnützigen Organisation. Sie hilft jungen, benachteiligten, gering qualifizierten Menschen, Anschluss an die Arbeitswelt zu finden – unabhängig von Zeugnis- und Schulnoten.

„Jeder zweite Hauptschulabgänger in Deutschland hat auch ein Jahr nach Schulende noch keinen Ausbildungsplatz gefunden. Viele Jugendliche scheitern bereits an der Einstiegshürde in die Arbeitswelt – der Einladung zum Bewerbungsgespräch. So sind in Deutschland knapp 300.000 junge Menschen zwischen 15 und 25 Jahren arbeitslos; zusätzlich befinden sich etwa 300.000 im staatlichen Übergangssystem, das sie auf eine Berufsausbildung vorbereiten soll. Während der Hochlohnstandort Deutschland nach immer besser ausgebildeten Mitarbeitern verlangt, sinken die Chancen für Niedrigqualifizierte unaufhaltsam“ (Pressemappe Joblinge e.V.)

Neben der Praxisarbeit gibt es eine individuelle Betreuung durch einen Mentor. Dass sich jemand um sie kümmere beziehungsweise interessiere, das sei neu für viele der jungen Menschen, um die sich oft kein Elternhaus kümmere und die über kein Netzwerk verfügten, betont Ulrike Garanin.

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Ulrike Garanin

Joblinge e.V., die Organisation wurde 2007 ins Leben gerufen, hat sich zur Aufgabe gemacht, solche Jugendlichen und jungen Erwachsenen für die Arbeitswelt zu befähigen: Sie lernen ihr Potential kennen. Sie lernen Verantwortung zu übernehmen. Sie lernen durchzuhalten. Denn viele hatten schon aufgegeben. Das Programm will ihnen Mut machen, Erfolgserlebnisse ermöglichen, Perspektiven schaffen und sie in die Gesellschaft integrieren. 1500 von ihnen nahmen bisher teil, bei 70 Prozent liegt die Vermittlungsquote. Die meisten halten durch.

Über 60 hauptamtliche Mitarbeiter und über 800 ehrenamtliche Mentoren, die ihre Berufserfahrungen einbringen, sind für Joblinge tätig. 900 Unternehmens-Partnerschaften bieten Ausbildungs- und Praktikumsplätze. Sie spenden, beraten, trainieren. 20 Institutionen der öffentlichen Hand sind beteiligt.

Initiatoren von Joblinge e.V. sind The Boston Consulting Group (BCG), eine internationale Management-Beratung und weltweit führend auf dem Gebiet der Unternehmensstrategie, sowie die Eberhard von Kuenheim-Stiftung, die im Jahr 2000 von der BMW AG zu Ehren ihres langjährigen Vorstands- und Aufsichtsratsvorsitzenden Eberhard von Kuenheim ins Leben gerufen wurde. Mit der Initiative Joblinge möchte sie ihrem Stiftungsauftrag gerecht werden, in reformbedürftigen Bereichen der Gesellschaft für nachhaltige Bewegung zu sorgen.

10 Standorte bietet Joblinge derzeit bundesweit an. Im Rhein-Main Gebiet gibt es Standorte in Frankfurt, Offenbach, Bensheim und Wiesbaden.

Für viele Jugendliche ist Joblinge die letzte Chance, doch noch Fuss zu fassen. Es wird dort nicht nur über Jugendarbeitslosigkeit geredet, sondern gehandelt. „Mir hat niemand den Beruf zugetraut. Immer nur Praktika und Absagen. Dann kam ich zu den Joblingen und konnte mich beweisen“, so ein Frankfurter Jugendlicher.

Fotos: Renate Feyerbacher

→ Deutscher Fairness-Preis 2012 für Sarah Wiener

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