Angkor, das Nationalheiligtum Kambodschas
Reisebericht Kambodscha (1)
Von Marlies Odehnal
Fotografien: Estine Estenfelder und Marlies Odehnal
Angkor heißt Stadt oder Kapitale und ist das Nationalheiligtum Kambodschas.. In den Ebenen zwischen den Kulen-Bergen und dem großen See Tonle Sap haben in etwa 600 Jahren mehr als ein Dutzend Khmer-Könige eine Hauptstadt nach der anderen, wie z.B. Angkor Wat oder Angkor Thom gegründet. Sie erbauten für ihre Götter riesige Tempelanlagen mit unzähligen Statuen, lächelnden in Stein gehauenen Gesichtern, Reliefs mit Tempeltänzerinnen und Tempelwächtern. Nur die Tempel sind übriggeblieben, weil sie, anders als Paläste und Wohnhäuser, in Stein gebaut wurden. Zweiundsiebzig Tempelanlagen haben auf einem Gelände von zwanzig mal vier Kilometern überdauert.
Königreich Kambodscha (Nationalmuseum Siem Reap), © Estine Estenfelder
Angkor Wat
Zweifelsohne ist Angkor Wat die berühmteste Anlage.
Sonnenaufgang in Angkor Wat, © Marlies Odehnal
Die Kambodschaner nennen sie die Himmelsburg; sie ist ein hinduistisches Heiligtum, das dem Gott Vishnu geweiht war.
Vishnu, Angkor Wat, © Marlies Odehnal
Inzwischen ist Angkor Wat Weltkulturerbe, und bereits jetzt strömen jährlich über 2 Millionen Besucher dorthin. Tagsüber gleichen sie einem nie versiegenden Pilgerstrom.
Buddhistische Mönche in Angkor Wat, © Marlies Odehnal
Experten warnen immer wieder vor den Gefahren, denen die Tempelanlagen ausgesetzt sind. Den Restauratoren, die für die Erhaltung des himmlischen Erbes der Khmer-Könige kämpfen, wird durch rücksichtslose Touristen die Arbeit erschwert. Namen werden in den weichen Sandstein geritzt, die wertvollen Reliefs mit den Händen berührt oder geschrammt von den Rucksäcken unachtsamer Touristen, Besucher klettern und balancieren über eingestürzte Mauern. Feind Nummer zwei ist die Natur. Flechten, Pilze und Algen wuchern in dem feuchten Klima und zerfressen die Steine. Da die Khmer ohne Mörtel und Fundament bauten, sickert Regen fünf Monate lang im Jahr durch alle Ritzen, und die Mauern senken sich, bis sie einstürzen. Inzwischen arbeitet das Ministerium für Tourismus an einem Konzept für einen sanften Tourismus. Geschützte Zonen und eine behutsame Konservierung schlagen die Experten für Angkor vor.
↑↓ Krieger auf Reliefwand, Angkor Wat, © Marlies Odehnal
Wer Angkor Wat besucht, sollte nicht versäumen, den Sonnenaufgang zu fotografieren. Aber wer glaubt, dass nur wenige morgens um 6 Uhr bereit sind früh aufzustehen, um diese eindrucksvolle Kulisse zu verewigen, irrt sich gewaltig. Hunderte von Menschen lassen es sich nicht nehmen, diesen einmaligen Sonnenaufgang zu fotografieren und mitzuerleben.
Der Sonnenaufgang in Angkor Wat zieht Hunderte von Fotografen an, © Estine Estenfelder
Bayon
Gleich neben dem bekanntesten Bauwerk liegt im Herzen der Stadt Angkor Thom der Tempel Bayon. Er wurde in der letzten Hauptstadt Angkor Thom im 12. Jahrhundert von Jayarvarman VII. erbaut.
↑ Silhouette des Bayon Tempels; ↓ Tempelanlage Bayon, © Marlies Odehnal
Bayon ist berühmt für die rund 200 riesigen Gesichter, die überall in die Steine gemeißelt wurden und den Besucher mit einem milden Lächeln zu verfolgen scheinen.
↑ Das rätselhafte Lächeln der Bayon-Gesichter, © Marlies Odehnal
↓ Gesichter im Bayon Tempel, © Estine Estenfelder
Gesichtertürme im Bayon Tempel, © Marlies Odehnal
Das Innere der Anlage ist sehr verwinkelt, nach dem Durchschreiten der Torhäuser kommen Besucher zu einer symmetrisch angelegten Anlage, dem Haupttempel, der dem Buddha, aber auch anderen hinduistischen Gottheiten geweiht ist.
↑ Tempelanlage Bayon, © Estine Estenfelder
↓ Blick ins Innere des Tempels, © Marlies Odehnal
Tempel Bayon, © Marlies Odehnal
Neunundvierzig Türme krönen den Bayon, jeder versehen mit vier überdimensionalen, rätselhaften Gesichtern, die Bayon ohne Zweifel eine ganz besondere Mystik verleihen.
Ta Prohm
Etwas abseits vom größten Touristentrubel liegt Ta Prohm, obwohl sich inzwischen auch die Einzigartigkeit des naturbelassenen Tempels im Dschungel unter den Touristen herumgesprochen hat. Von einer Oase der Stille und Kontemplation kann heute nicht mehr die Rede sein.
↑ Ta Prohm, der Tempel im Dschungel, © Estine Estenfelder
↓ Im Würgegriff der Feigenbäume, Ta Prohm, © Estine Estenfelder
Die Tempelanlage Ta Prohm wurde von Jayavarman VII. im 12. bis 13. Jahrhundert erbaut und war ein buddhistisches Kloster. Gleichwohl finden sich sehr viele Darstellungen aus der hinduistischen Mythologie.
Tempelwächter, Statuen im Tempel Ta Prohm, © Marlies Odehnal
Ta Prohm wurde so belassen, wie ihn die ersten Forschungsreisenden vor mehr als 150 Jahren entdeckt und hatten. Während die anderen Tempel von Angkor vom Dschungel freigelegt wurden, wurde Ta Prohm naturbelassen – wodurch der Besucher einen Eindruck davon erhält , wie die Forscher den Tempelkomplex vorfanden. Die Anlage wird nur soweit gesichert, dass Besucher sie betreten können.
↑ Tempel und Riesenbäume, Ta Prohm, © Marlies Odehnal
↓ Eingestürzte Mauern, Ta Prohm, © Marlies Odehnal
Was die Erbauer dieser Anlage ihr vor Jahrhunderten abgerungen hatten, hat sich die Natur zurück erobert. Tentakelartige Wurzeln ranken sich durch Ta Prohm, Würgefeigen umarmen Steinmauern, wachsen aus Spalten, die Wurzeln des Kapokbaumes umschlingen die Gebäude, teilweise sind Durchgänge von den Dschungelpflanzen versperrt.
↑ Allumschlingende Pflanzen, Ta Prohm, © Marlies Odehnal
↓ Gut erhaltene Reliefs neben Riesenbäumen, Ta Prohm, © Marlies Odehnal
Ein neues Kunstwerk ist erstanden: Ta Prohm, © Estine Estenfelder
Einige Bereiche des Tempels sind abgesperrt, da sie einzustürzen drohen. Trotz des Verfalls sind an vielen Stellen wunderschöne Reliefs erhalten geblieben.
↑ Arbeiter sichern die Tempelanlage Ta Prohm, © Marlies Odehnal
↓ Gut erhalte Skulpturen in Ta Prohm, © Marlies Odehnal
Der Besucher ist fasziniert von der Symbiose aus Stein und Natur, hier hat die Natur von sich aus neue, großartige Kunstwerke geschaffen. Der Besuch dieser von riesigen Bäumen mit gigantischen Wurzeln überwucherten Anlage vermittelt, in ihrer Wildheit und Ursprünglichkeit und trotz des Besucheransturms, einen atemberaubenden Eindruck.
↑ Bizarre Formen, Ta Prohm, © Estine Estenfelder
↓ Riesenbaum mit Tempel, Ta Prohm, © Estine Estenfelder
Da Steinbauten alleine den Göttern vorbehalten waren, wird die Größe der damaligen Stadt um diese Tempelanlagen heute nicht mehr sichtbar. Die Häuser aus Holz, die einst 80.000 Menschen in über 3000 Dörfern beherbergten, überstanden das feucht-tropische Klima nicht.
(Fotoreportage von einer Pressereise des Frankfurter Presseclubs nach Kambodscha vom 9. bis 22. November 2013)
→ Marlies Odehnal im Nebbienschen Gartenhaus
→ Virtuelle Bilder in virtuellen Galerien: Digitalkunst von Marlies Odehnal