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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Vom Traumauto-Designer zum Aquarellisten: Ernst-Dietrich Haberland

Jubiläumsausstellung zum 80. Geburtstag des Malers im Nebbienschen Gartenhaus

Von Erhard Metz

Entweder man hat es – oder man hat es nicht: den Blick für Proportionen und Harmonie der Form; das Gefühl für und Freude an Ästhetik; das erkennende Auge und die geschulte, sichere Hand der Ausführung beim Zeichnen und Malen.

So sähe – neben den Automobil-Legenden 300 SL und 190 SL von Mercedes-Benz sowie dem 507 von BMW – der vierte Traumroadster der 1950er Jahre aus: die Karosserie eines Borgward-Roadsters, im Jahr 1954 entworfen von niemand anderem als Ernst-Dietrich Haberland.

In Serie gebaut wurde dieser elegante Roadster leider nicht. Deshalb gibt es auch keinen entsprechenden Oldtimer im heutigen Wert einer sechsstelligen Euro-Summe, wie sie das erst Jahre später in geringer Stückzahl gefertigte Bordward Isabella Coupé Cabriolet mühelos auf dem heutigen Liebhaber-Markt erreicht (wie armselig dagegen das Einheitsdesign heutiger Automobile mit immer denselben sinnlosen Linien und den hässlich-unproportionierten Buckel-Hecks).

Haberland, 1931 im preussischen Königsberg geboren, flüchtete 1945 mit seiner Familie in den Westen und erlernte zunächst den Beruf des Stellmachers, also den Wagen- und Kutschenbau in Holz. Dem Siegeszug der Motorisierung in den Nachkriegsjahren folgend besuchte er in den 1950er Jahren die Karosseriebauschule in Kaiserslautern mit dem Abschluss Meister und Ingenieur – sein „Meisterwerk“ haben wir soeben vorgestellt. Anschliessend war er zunächst als Karosseriekonstrukteur und später in anderen Positionen in der Automobilindustrie tätig.

Dies alles ernährte seinen Mann, wie man zu sagen pflegt, aber nicht das nach dem Ästhetisch-Schöpferischen strebende Gemüt. Kein Wunder also, dass Haberland schon früh mit Skizzenheft, Zeichenblock und Aquarellpapier unterwegs war, wo immer seine Brot-Arbeit dies zuliess. Kein Wunder ferner, dass er sich, 1985 endgültig in Frankfurt am Main heimisch geworden, dem intensiveren Mal- und Zeichenstudium an der Freien Kunstschule in Dieburg verschrieb und die berühmten Kurse des Städel-Meisterschülers Michael Siegel an der Städel-Abendschule ebenso besuchte wie die von Robert Freund unter Mitwirkung des damaligen Kulturdezernenten Professor Hilmar Hoffmann gegründete Frankfurter Malakademie. Er lernte bei der international renommierten Zeichnerin, Radiererin und Lithografin Hetty Krist (Kreuzweg-Tafeln in der Frankfurter Liebfrauenkirche!) und bei Hans-Ludwig Wucher, dem als „Monet von Frankfurt“ geehrten Maler.

Das Haus des Bürgermeisters

Wucher war es auch, der Ernst-Dietrich Haberland auf Studienreisen in die südfranzösische Provence mitnahm und in ihm das Feuer der Begeisterung über das klare, einzigartige, oft flimmernde Licht dieser Landschaft entfachte, das noch heute Maler aus aller Welt anzieht und bereits mit Beginn des letzten Quartals des 19. Jahrhunderts die grossen Meister des Impressionismus in den Bann schlug.

Bauernhof in der Provence

Hotel Thomet in Le Tholonet, Provence

Das Château in Le Tholonet, Provence

Meister und „Schüler“ sassen mal getrennt, mal nebeneinander vor den gleichen Motiven, Lichtsituation und Spiel der Schatten wechselten, es entstanden von künstlerisch-verwandtem, symbiotischem Geist inspirierte Gemälde, wir stellen hier zwei Arbeiten Haberlands bewusst in den unmittelbaren Vergleich zu denjenigen Hans-Ludwig Wuchers („Das Château in Le Tholonet“ bzw. „Schloss in Le Tholonet“; „Die Leiter zum Himmel“ bzw. „Das Plateau“).

Die Leiter zum Himmel

Der Vergleich macht deutlich, wie sehr und legitimerweise sich die Motivik bei Haberland derjenigen Wuchers nähert, ohne aber in den Verdacht eines „Kopierens“ zu geraten, denn es entstanden jeweils eigenständige und recht unterschiedliche Werke. In Wuchers Malerei spiegeln sich die – über dem von sommerlicher Sonne erhitzten Boden aufsteigende – flirrende Luft, die die Konturen verschwimmen lässt, und beim „Schloss“ die bei fast senkrechtem Sonnenstand fühlbare Erfrischung im flächendeckenden Schatten der Platanen; bei Haberland dominieren hier wie dort eher der Kontrast und das differenzierte Spiel leuchtender Farben.

Haberland arbeitet überwiegend in der entgegen manch landläufiger Meinung durchaus schwierigen Aquarell-Technik, bei der die Farbe rasch trocknet und nachträgliche Korrekturen kaum mehr möglich sind; einige Arbeiten sind in Mischtechnik unter Verwendung von Aquarell- und Acrylfarben ausgeführt.

Auch die Stadt Frankfurt am Main nahm Haberland in seinen künstlerischen Blick. Niemals finden wir Abzeichnungen, sondern stets frei gestaltete Bilder, die subjektiv empfundene Stimmungen innerhalb der „Stadtlandschaft“ vermitteln. Bekannte Ansichten, an denen man im Alltag oft achtlos vorübergeht, erhalten in seinen Bildern eine neue Dynamik und versetzen den Betrachter in eine neue „Welt“ des Erlebens.

Ausser in die Provence führten ihn Studienreisen nach Mexiko, Thailand und auf die Insel Sizilien. Haberlands Arbeiten sind im Rhein-Main-Gebiet durch zahlreiche Ausstellungen bekannt geworden. Darüber hinaus stellte er in der Stadt Aubergenville nahe bei Paris aus.

Frankfurter Welle

Das Städel mit Holbeinsteg

Eschenheimer Turm

Nebbiensches Gartenhaus

Mit dem Anblick des Nebbienschen Gartenhauses wenden wir uns der seit langem zentralen Aktivität von Ernst-Dietrich Haberland zu: Der klassizistische Pavillon in der Bockenheimer Anlage ist Sitz des Frankfurter Künstlerclubs, dem der Maler 1990 beitrat und dem er seit 1996 vorsteht. Es ist mehr als eine 40 Stunden-Woche, die er gemeinsam mit seiner Partnerin, der Ärztin und Konzertgeigerin Hannelore Gwildis, dieser die bildenden wie die darstellenden Künste umfassenden Institution zuwendet. Obwohl bereits jährlich rund 10.000 Kunstinteressierte den Weg in das Gartenhaus finden, möchte Haberland erreichen, dass der Künstlerclub noch stärker im kulturellen Leben in Frankfurt und in der Stadtgesellschaft verankert wird. FeuilletonFrankfurt widmete Künstlerclub und Gartenhaus sowie vielen der dort Ausstellenden zahlreiche Beiträge.

Und nicht zu vergessen Haberlands 1992 erschienene Monografie „Madern Gerthener – der stadt franckenfurd werkmeister“ über den um 1360 in Frankfurt am Main geborenen Steinmetz und späteren Frankfurter Stadt- und Dombaumeister.

„Mein Anliegen ist es, die Schönheiten unseres Lebensraumes darzustellen und das zu zeigen, an dem wir oft gedankenlos vorbeigehen, ohne es zu sehen“ (Haberland).

Zum 80. Geburtstag und zur Jubiläumsausstellung ein herzliches Glückauf!

Ernst-Dietrich Haberland: Retrospektive, Aquarelle Provence und Hessen, Nebbiensches Gartenhaus, bis 11. März 2012

(abgebildete Arbeiten © Ernst-Dietrich Haberland;
Fotos: Ernst-Dietrich Haberland/Erhard Metz)

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