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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Absolventenausstellung 2011 der Städelschule “ENCORE” im MMK-Zollamt / 1

Zum achten Mal, und bereits zum dritten Mal im MMK Zollamt, präsentiert die Staatliche Hochschule für bildende Künste – Städelschule – in Frankfurt am Main Arbeiten eines Absolventenjahrgangs, heuer des Jahres 2011. Werke von 32 jungen Künstlerinnen und Künstlern aus den Klassen der Professorinnen und Professoren Judith Hopf, Christa Näher, Willem de Rooij, Douglas Gordon, Michael Krebber, Simon Starling und Tobias Rehberger sind zu sehen.

Die Namen:

Patrick Alt, Agassi Bangura, Andrea Bellu, Viola Bittl, Lukas Bohnenstengel, Alfred Boman, Max Brand, Carolin Bühler, Milena Büsch, Annabell Chin, Murray Gaylard, Giorgio Giusti, Dominik Gohla, Sandra Havlicek, Jonas Jensen, Danny Kerschen, Yasuaki Kitagawa, Daniela Kneip Velescu, Annina Matter, Ruairiadh O’Connell, Sabine Rak, Marcel Schiele, Sarah Schoderer, Dan Starling, Beatrice Steimer, Tomislav S. Vukic, Jonas Weichsel, Paul Wiersbinski, Leo Wörner, Naneci Yurdagül und Silja Yvette.

FeuilletonFrankfurt stellt wie jedes Jahr einige dieser Arbeiten vor und muss sich dabei allein schon aus Platzgründen erneut auf eine Auswahl beschränken, die ebenso subjektiv und ungerecht ist wie alle Auswahlen dieser Welt.

Beginnen wir mit dem diesjährigen Gewinner des vom Städelschule PORTIKUS e. V. gestifteten, mit 2000 Euro dotierten Absolventenpreises, also Max Brand (Klasse Michael Krebber). Der Titel seiner Arbeit lautet „ton steine scherben, art world is lacking warmth, dann geh zum arzt“ (2011).

Die Begründung der Jury (Claudia Orben-Mäckler, Städelschule Portikus e. V., Susanne Gaensheimer, MMK-Direktorin, Professor Nikolaus Hirsch, Rektor der Städelschule und Willem de Rooij, Professor für freie Kunst, Städelschule):

„Die Jury befand die Präsentation des Künstlers Max Brand am stärksten. Sie bringt sowohl im Detail als auch im Ganzen eine Haltung zum Ausdruck, die ein gesellschaftlich überkommenes Bild des Kunstschaffens und des Künstlers thematisiert und in Frage stellt.“

Das Gemälde: untitled, Öl, Marker, Tinte, Kreide, Sprayfarbe auf Tuch, 130 x 160 cm

Die Installation – in deren Zentrum ein auf Tuch gemaltes, transparent erscheinendes und deshalb beidseitig betrachtbares Tafelbild – befindet sich im von beiden Seiten durch Glastüren verschlossenen Eingangsbereich Domstrasse des Zollamtsgebäudes, gewissermassen zwischen „draussen“ und „drinnen“ – zugleich eine Metapher für die Situation eines Künstlers nach dem Verlassen der Hochschule. Vor und neben dem Gemälde allerlei vergammelt wirkende Arbeitsmittel, Werkzeuge und elektronische Geräte, Entwürfe, ein leerer Bilderrahmen, dessen Glas in Scherben zerfallen, zerknüllte Plastikflaschen sowie einiges an anderem Weggeworfenen nebst banalem Abfall.

Das Tafelbild: Tuch als Malgrund, der Künstler verwendet so ziemlich alles an Malmitteln, ist es eine Metapher für Suchen oder für Ratlosigkeit? Wohin werden Wege einen Künstler führen? Oder muss ein Künstler vielmehr sich selbst seine Wege bahnen, Schneisen in das Überkommene schlagen, neue Landmarken und Orientierungspunkte setzen?


Schaut man links und rechts in die Ecken des Eingangs, so sieht es „draussen“ ein wenig ähnlich aus wie „drinnen“ … herabfallendes Laub, vom herbstlichen Wind verwehter Kehricht … wo ist der Besen?

Nun zu einer gänzlich anderen Arbeit, platziert in einer der Brandschen Installation entgegengesetzten Ecke des Ausstellungsraumes, in einem „stillen Winkel“ quasi, von Carolin Bühler, mit dem Titel „Hände 1, 2 und 3“:

Hände 1, 2 und 3, 2011, Zeichnungen, Pflanze, Installation

Ob nun mit oder ohne kuratorische Fügung erscheint sie uns in einem gewissen Kontext zur Preisträgerarbeit zu stehen: eine Wartezimmer-Situation, mit typischer (in der Materialbeschreibung allerdings nicht aufgeführter) Wartezimmer-Bestuhlung, wir assoziieren alsbald eine Arztpraxis, mit obligatorischem Pflanzkübel in der Ecke und obligatorischer „Kunst“ an der Wand – und natürlich jener „der Nächste bitte“-Tür. Und riet Max Brand nicht soeben durchaus zum Aufsuchen eines Arztes?

Aber was sehen wir? Nicht nur behutsam-zarte Zeichnungen sklerotisch anmutender Hände: Nur eine Grafik schmückt die Praxiswand, die beiden anderen sind herabgestürzt, liegen am Boden vor der Tristesse verbreitenden Wartezimmer-Pflanze, zwar noch gerahmt, aber ebenfalls wie bei Brand die Verglasung zerschellt.

Verletzbare, verletzte Kunst. Oder: Kunst als „Wartezimmer-Kunst“? Auch ein Schicksal des Künstlers?

Städelschulabsolventen-Ausstellung im MMK Zollamt, noch bis 23. Oktober 2011 (Fortsetzung Folge 2).

(abgebildete Werke © jeweilige Künstler; Fotos: FeuilletonFrankfurt)

 

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