home

FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

„Blickachsen 10″ in Bad Homburg und Rhein-Main (13)

Leo Copers: IROM ETRA ORP TSE MUROCED TE ECLUD

Am heutigen 4. Oktober 2015 endet die 10. „Blickachsen“-Skulpturen-Biennale in Bad Homburg, Frankfurt und einigen Orten im Rhein-Main-Gebiet. Für Besucherinnen und Besucher, die noch das eine oder andere Werk etwa in den Bad Homburger Parkanlagen sehen möchten, ist dies kein Unglück, denn anders als bei Ausstellungen in geschlossenen Räumen, die dann zugesperrt werden, wird der Abbau der Objekte im Freien unter aller Augen stattfinden und sich über eine gewisse Zeitspanne erstrecken.

Dennoch nehmen wir heute Abschied – wo anders als auf dem Friedhof der Kunstmuseen, den Leo Copers im Kurpark Bad Homburg unweit des Schwanenteiches eingerichtet hat. Es sind 111 der grossen Ausstellungshäuser der Welt, denen er einen Grabstein gesetzt hat, ein jeder sauber nach allen Regeln der Steinmetzkunst gearbeitet und graviert.

Natürlich befinden sich das Städel Museum wie die Kunstsammlungen Nordrhein-Westfalen K20 / K21, der Louvre wie das Centre Pompidou unter den Verstorbenen. Das Museum Ludwig in Köln bleibt ebenso wenig vom Hinscheiden verschont wie das berühmte New Yorker MoMa oder die britischen Tate-Häuser. Ja und sogar das Middelheimmuseum in Antwerpen, Ko-Veranstalter der diesjährigen Blickachsen, ist sanft entschlafen.

Leo Copers‘ Arbeiten sind ein Protest: Die Museen hätten sich, so das Credo des Künstlers, zu einem „lärmerfüllten Marktplatz“ entwickelt, manche Ausstellungen hätten lediglich einen „Spektakelwert“, unterworfen dem „allgegenwärtigen Diktat grosser Namen“. Aber ebenso kritisiert er das Museum als ein „Mausoleum der Künste“.

Leo Copers, 1947 in Gent geboren, studierte (ebenso wie Peter Rogiers) an der Sint Lukas-Hochschule in Brüssel und darüber hinaus an der Kunstakademie in Gent. Der Künstler lebt und arbeitet im belgischen Wetteren.

Und nun zum Titel der Installation „IROM ETRA ORP TSE MUROCED TE ECLUD”? Lesen wir ihn doch einfach von hinten nach vorn: “Dulce et decorum est pro arte mori” – Süss und ehrenvoll ist es, für die Kunst zu sterben. Eine Persiflage auf den Satz “Dulce et decorum est pro patria mori” – Süss und ehrenvoll ist es, für das Vaterland zu sterben – aus den “Carmina” des römischen Dichters Quintus Horatius Flaccus (65-8 v.Chr.), kurz Horaz. Eine vom Nationalismus des 19. und 20. Jahrhunderts aufgegriffene dümmliche Verherrlichung des “Heldentods”, von Wilfred Owens (1893-1918) zitiert in seinem berühmten wie bitter aufschreienden Gedicht “Dulce et decorum est” über das Verrecken eines Soldaten beim Gaseinsatz im ersten Weltkrieg.

Aber wo ist der Grabstein für das Museum für Moderne Kunst Frankfurt MMK? Ist ihm einer der namenlosen Steine gewidmet, hat der Künstler es schlicht vergessen – oder lebt es als eines der wenigen hier nicht bestatteten – und deshalb quicklebendigen – Kunstmuseen fort?

Abbildungen: Courtesy Stiftung Blickachsen gGmbH, Bad Homburg; Fotos: FeuilletonFrankfurt

Die “Blickachsen 10″ in Bad Homburg und Rhein-Main enden am heutigen Sonntag, 4. Oktober 2015

→ “Blickachsen 10″ in Bad Homburg und Rhein-Main (1)

Comments are closed.