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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Auf den Spuren des Kommissars Dupin durch die Bretagne (1)

Concarneau, Pont-Aven und Guérande im Bannalec-Fieber (1)

Von Petra Kammann

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Das Glasfenster im genossenschaftlich organisierten Haus des Salzes “Terre de Sel” in Guérande/Pradel stellt die Arbeit des “Paludiers” dar. Das Salz wird mit dem Rechen abschöpft

Die ersten beiden Bestseller “Bretonische Verhältnisse” und “Bretonische Brandung” wurden für die ARD verfilmt und waren bereits im Frühjahr und Herbst 2014 zu sehen. Am 19. März 2015 geht um 20.15 Uhr im Ersten Deutschen Fernsehen/ARD Jean-Luc Bannalecs dritter Bretagne-Krimi “Bretonisches Gold” mit dem sympathischen “Kommissar Dupin” an den Start. Alle drei Kriminalromane wurden an den Originalschauplätzen in der Bretagne verfilmt. Der deutsche Autor, ein bekennender Bretagne-Liebhaber (man vermutet, dass es sich um einen bekannten Verleger handelt), vermittelt unter dem bretonisierenden Pseudonym Jean-Luc Bannalec seinen Lesern dabei viel Wissenswertes über die reizvolle Halbinsel an der westlichen Atlantikküste Frankreichs, über Paul Gauguins Leben in Pont-Aven, die sagenumwobenen karibisch anmutenden Glénan-Inseln und die begehrte “Blume des Salzes”, das Fleur de Sel aus der Guérande. Petra Kammann hat sich auf die Spuren des Lebensgenüssen nicht abgeneigten Kommissars begeben.

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Pasquale Aleardi ist in die Rolle des Kommissar Dupin geschlüpft; Bildnachweis: ARD-Foto, Kommissar Dupin – Bretonisches Gold

Auf der Halbinsel von Guérande

Diesmal verschlägt es den in Concarneau ansässigen Exil-Pariser Kommissar auf die Halbinsel Guérande. In den berühmten Salinen stimmt was nicht. Die gestandene Journalistin Lilou Breval (Amira el Sayed), eine Freundin von Kommissar Dupin (Pasquale Aleardi), arbeitet an einer Enthüllungsgeschichte über die Salzindustrie und deren Machenschaften. Aber noch bevor sie Dupin in ihre Recherche einweihen kann, ist die Reporterin für ihn nicht mehr erreichbar – und Dupin wurde in den Salinen, wo er ein Lager mit Fässern geheimnisvollen Inhalts vermutet, von einem Heckenschützen getroffen. Obwohl er verletzt ist und die Gegend nicht zu seinem Revier gehört, nimmt er zum Ärger seiner Kollegin, der ortsansässigen Commissaire Rose (Annika Kuhl), auf eigene Faust die Ermittlungen auf. Guérande gehört für den in Concarneau ansässigen Dupin nämlich nicht mehr zu seinem polizeilichen Zuständigkeitsbereich.

Damit riskiert er zwar eine Menge Ärger, aber für ihn ist die Sache mehr als nur ein Fall. Er ahnt, dass Lilou in der Welt der Salzbauern auf etwas gestoßen ist, was die heile Welt der bretonischen Salinen ins Wanken bringen könnte. Die Journalistin wurde tot aufgefunden. Der mit seinen Ermittlungen zu allem entschlossene Dupin lässt jedoch nicht locker …

Mit seinen Inspektoren Kadeg (Jan Georg Schütte) und Riwal (Ludwig Blochberger) hat er zwei Kollegen, die ihm in diesem vertrackten Fall zur Seite stehen. Und noch während Dupin auf der einen und Commissaire Rose auf der anderen Seite ihre Ermittlungen auf Hochtouren vorantreiben, überschlagen sich die Ereignisse …

Wie schon der Titel verrät, dreht sich im dritten Buch und Film alles um das bretonische Gold, das “Fleur de Sel” aus Guérande, das im Südwesten der Bretagne mit den hohen Himmeln und dem flachen Land nahe der Atlantikküste gewonnen wird. Dort wird das kostbare Salz – Feinschmecker wissen es zu schätzen – traditionell bereits seit dem achten Jahrhundert bis heute unverändert in mühevoller Handarbeit gewonnen. Früher war wegen des hohen Salzpreises damit auch ein einträgliches Geschäft verbunden, nicht so in Zeiten der Globalisierung, was zu Verwicklungen im Krimi beiträgt.

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↑ Auf dem Markt in Guérande wird das handgeschöpfte Salz von kleinen Produzenten säckchenweise verkauft
↓ Stiftskirche St. Aubin in Guérande

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Die Salzfelder in Guérande

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Erklärung im Haus des Salzes: Die nördlichsten Salzgärten Europas; sie erstrecken sich von Guérande im Süden bis nach Assérac im Norden mit mehr als 2.000 Hektar und 9 Gemeinden

An anderen Küsten wird das Salz nämlich längst maschinell gewonnen, während in der Guérande die Arbeit von Traditionalisten und Idealisten ausgeübt wird, für die Gewinnmaximierung nicht an erster Stelle steht. Kann es auch nicht. Denn die Prozedur der Salzgewinnung ist ein langwieriges Verfahren, das viel Erfahrung der “Paludiers”, der Salzgärtner, verlangt. Das Salzwasser des Atlantiks wird durch ein verzweigtes System von in den kargen Lehmboden gegrabenen Kanälen und Becken geleitet. Mit den wechselnden Gezeiten spült die Flut zweimal am Tag Meerwasser in ein erstes großes Becken. Durch ein verwobenes Mosaik aus vielen kleineren Becken fließt das Wasser von dort ganz langsam ein, bis der Wind und die Sonne nach und nach das Meerwasser verdunsten lassen, wodurch die Salzkonzentration kontinuierlich steigt. An den wenigen heißen und windigen Sommertagen verdunstet das Wasser in den flachen Becken, den “Salzaugen”, so schnell, dass das Salz kristallisiert. Mit viel Feingefühl müssen die Salzbauern die Wassermengen dann in den verschiedenen Becken regulieren. Der Großteil der Salzkörner, die zu Boden sinken, kann dort als grobes Meersalz geerntet werden. Ein geringer Teil jedoch bildet die leichten Salzflocken des “Fleur de Sel”, die an der Oberfläche treiben und in vorsichtiger Handarbeit mit einem Holzrechen an das Ufer gezogen werden können. Am Ende ernten sie die weißen Salzkristalle, das “weiße Gold”, das “Fleur de Sel”, die “Blume des Salzes”. Es ist weder raffiniert noch gewaschen und enthält keine Zusatzstoffe, wodurch es die wohltuenden Wirkungen erhält, denn es enthält so verschiedene Wirkstoffe wie Magnesium, Kalzium und Eisen. Dazu schmeckt es fein gestreut auf Speisen köstlich.

Um die mit der Handlung des Bannalec-Krimis verwobene Umweltgeschichte verständlich und die Tradition der Salzernte in Guérande anschaulich zu machen zu machen, drehte das Filmteam der ARD (unter der Regie von Iris Kiefer und Mathias Lösel) im Haus “Terre des Sels”, das 2002 von der Salzbauergenossenschaft installiert wurde.

Guillaume Morel, der dort die Führungen in den Salzgärten auf Deutsch macht, erinnert sich gerne an die Dreharbeiten. “Ende September, Anfang Oktober letzten Jahres war bei uns ganz schön was los. Hier rückte eine gewaltige Kolonne Lastwagen aus Pont-Aven mit einer großen Mannschaft an: 15 Deutsche, darunter auch Schweizer und Österreicher. Sie sind zwei Wochen lang in Guérande geblieben und waren super organisiert. Die Koordinatorin sprach bestens Französisch ebenso wie auch der Kommissar. Sie haben unglaublich diszipliniert gearbeitet, waren sehr nett und höflich. Wegen des schönen Lichts wurde zum Spätnachmittag in den Salzfeldern gedreht.”

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Guillaume Morel vom „Terre de sel“ war bei den Dreharbeiten dabei

Guillaume selbst war auch als Kleindarsteller mit von der Partie und wurde in den Salzfeldern gefilmt: “Zwei mal zwei Tage lang waren sie allein hier im Maison ‘Terre de Sel’. Im Buch gibt es am Anfang eine Schießerei. Da musste der Kommissar das T-Shirt wechseln. Also kaufte er es bei uns im Laden und zog sich dann in den öffentlichen Toiletten um. Das wurde vorne am Parkplatz gedreht. Einen weiteren Dreh gab es dann im Salzlagerraum in der Genossenschaft, wozu man natürlich erst einmal eine Genehmigung des Genossenschaftsdirektors einholen musste. Es ist erstaunlich, wie viel Aufwand hinter einer einzigen Filmszene steckt und wie viel Zeit dabei drauf geht, bis sie richtig sitzt.” Als Darstellerin und im Umgang fand Guillaume besonders die Journalistin Lilou sympathisch, ebenso den Kommissar, der auch einen guten Draht zum Leben dort hat. Besonders kompliziert sei der Dreh bei den nächtlichen Szenen gewesen. “Das spielte sich hier mit der Kommissarin Rose auf dem Parkplatz ab. Da musste natürlich ein großer Kran für die Kamera her.”

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Handyfoto von Guillaume Morel während der Dreharbeiten

Ich will wissen, ob denn die Salzgewinnung im Roman auch richtig dargestellt wurde, ob die Konkurrenzsituation der Produkteure realistisch sei, das heißt, ob der Autor es auch vor Ort überprüft habe. “O ja, er ist wohl auch Journalist und hat sich erkundigt”, sagt Guillaumes Chef Emmanuel Blanc. Heute gebe es etwa 300 Paludiers, von denen 200 in der Genossenschaft “Le Guérandais” organisiert seien, in der sich verschiedene Salzgärtner zusammenschließen. 10.000 Tonnen Salz werden pro Jahr hier geerntet, die dann in 80 Länder exportiert werden. Natürlich gebe es auch hier Konkurrenz. Für das Privatunternehmen “Salins du midi”, das eigentlich aus dem Süden kommt, zähle vor allem der Profit, während es im Interesse der Kooperative liege, an der traditionellen Salzgewinnung festzuhalten.

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Verantwortlich für „Terre des sel“: Emmanuel Blanc

Dazu gehöre auch das Konzept des angegliederten, 2002 eröffneten Ladens “Terre de Sel”, in dem in der Guérande geerntete Salzsorten sowie eine breite Palette regionaler Spezialitäten angeboten werden. Schließlich kommen immer mehr Touristen aus den Ferienorten La Baule, La Turballe oder Le Croisic auf Stippvisite nach Guérande. Daher fänden alle Besuche in den Salzfeldern heute nur noch unter professioneller Führung statt. Man hat in den vergangenen Jahren beobachtet, dass die Touristen unvermittelt in die Salzfelder hineinlaufen und das komplizierte Ablaufsystem zerstören. “Wir wollen ihnen die Qualität des Salzes zeigen, das von einer entsprechenden Umwelt abhängig ist. In dem Verkaufsraum des Schuppens, der wie ein Salzlager aussieht, können die Besucher mit Büchern ihre Eindrücke vertiefen und sich anhand der angebotenen Produkte selbst ein Urteil bilden”, sagt Emmanuel Blanc. In dem Zentrum “Terre de sel” in Pradel kümmert man sich um die Besucher und plant Besichtigungen etc. Derzeit kommen im Sommer rund 80.000 Besucher, um die Salzfelder zu besichtigen. Emanuel Blanc geht davon aus, dass die Besucherzahl in diesem Jahr nochmals ansteigen wird.

Der Ansturm der Deutschen, die durch die Bannalec-Lektüre auf die Bretagne und ihre Umgebung besonders aufmerksam geworden sind, war schon im vergangenen Jahr gewaltig. In diesem Sommer werde ein noch größerer Andrang erwartet, weshalb das Zentrum eine weitere Frau einstellt, die Erklärungen auf Deutsch geben kann. Außerdem werden Führungen auf der Basis des Romans vorgeschlagen werden. Sie sollen die Touristen über die Salzgewinnung informieren. “Nur so können wir in diesem kleinen empfindlichen Gebiet ein wenig die Touristenströme kanalisieren.” Und Guillaume ist schon sehr gespannt auf die ARD-Verfilmung und freut sich darauf, dass er die Sendung in Deutschland sehen kann, weil er im März seinen Urlaub in Thüringen verbringen wird. Vive l’amitié franco-allemande.

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Sehr ursprünglich ist das Meer bei Le Croisic

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Salerie – Poissonnerie in Le Croisic

Der Golf von Morbihan und die Ile aux Moines

Seine Ermittlungen über mögliche kriminelle Machenschaften in den Salinen von Guérande führen Kommissar Dupin auch an den Golf von Morbihan, das “kleine Meer” – so die wörtliche Übersetzung des bretonischen “mor bihan” – und auf die Ile aux Moines, die “Insel der Mönche”. Am Rande des Golfs von Biskaya gelegen, profitiert der Golf von Morbihan vom milden Klima.

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Stimmungsvoller Morbihan in Port Blanc, von wo aus es auf die „Ile aux moines“ geht

Palmen, Orangen- und Zitronenbäume lassen die Landschaften hier im Süden der Bretagne geradezu mediterran erscheinen. Die “Ile aux Moines” ist unter den 42 kleinen Inseln mit megalithischer Kultur nicht nur die größte des Golfs von Morbihan, sondern auch eine wahre Perle. Überall grünt und blüht es; Mimosen, Kamelien, Palmen und märchenhafte Kiefernwälder wie der Bois d’Amour (Liebeswald) und der Bois des Soupirs (Wald der Seufzer) machen den Charme der Insel aus. Vor den Steinhäusern blühen im Sommer die für die Bretagne so typischen Hortensien in allen blassblauen und rosa Tönen.

Die Insel wurde im 9. Jahrhundert im Zuge der Christianisierung vom König der Bretagne den Mönchen der Abtei von Redon geschenkt. Ein Pendelboot ab Port-Blanc in Larmor Baden verbindet die Insel mit dem Festland.

“Kommissar Dupin – Bretonisches Gold” ist eine Produktion der filmpool fiction GmbH (Produzenten: Iris Kiefer, Mathias Lösel) im Auftrag der ARD Degeto für Das Erste. Das Drehbuch schrieb Gernot Gricksch. Die Redaktion liegt bei Katja Kirchen (ARD Degeto). Sendung am 19. März 2015, 20.15 Uhr

Fotos (soweit nicht anders bezeichnet): Petra Kammann

→ Auf den Spuren des Kommissars Dupin durch die Bretagne (2)
→ Uralte Steine, Wälder und Meer: Legenden und Magie in der Bretagne

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