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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Alltägliche und seltsame Geschichten und Begebenheiten (23)

Zweifel an der Eifel
von Otto Schielie

(mit freundlicher Genehmigung der Chefredaktion und Verlagsleitung von “Plözin – Die tapfere kleine Zeitschrift”, Text © -habust- )

Es heißt ja nun immer, die Eifel wäre ein Vulkangebirge, und da wäre es ganz toll, weil die kreisrunden, unendlich tiefen Maare uns wie beseelte Augen der Erdgeschichte anblickten und uns vor dieselben führten, daß und warum der Mensch nur ein Staubkorn im Toben der Elemente sei. Nur ein lächerliches winziges Staubkorn, verstehste? Ein Wisch und – schwupps – ist es weg. Oder mit dem Staubsauger. Oder mit dem Mop. Oder mit Swiffer, was ja auch nicht schlecht ist.

Jedenfalls die Eifel. Die wäre so eine ganz wunderfeine Naturlandschaft, an der sich so manches dahergelaufene Mittelgebirge ein Beispiel nehmen könnte.

Aber ist das wirklich so?

Wie ich neulich da war, nämlich in Schraubendorf in der Vulkaneifel unweit Dauns, da übernachtete ich im berühmten Gasthof Zum Ochsen, den ja, wie unsere geneigten Leser wissen, der Schraubendorfer Bürgermeister betreibt, der Dr. iur. Karl-Heinz Ochsen. Mit dem habe ich den ganzen Abend bis in die Puppen zusammengesessen und die Eifelfrage diskutiert. Richtig festgebissen hatten wir uns dadran. Vergaßen Ort und Zeit, und erst bei Tau und Tag wankten wir, uns gegenseitig die bäuerliche Stiege hochstemmend, in die Betten. Ohne die Eifelfrage geklärt zu haben. Oder einer Klärung auch nur nähergekommen zu sein. Eher im Gegenteil. Im Grunde hatten wir uns gestritten wie die Kesselflicker. Leider weiß ich bloß nicht mehr, worüber.

Naja, wie dem auch sei. Die Eifelfrage. Sie bewegt mich im Grunde immer noch gewaltig. Denn ist es wirklich so idyllisch in der Eifel? Ist es nicht in Wirklichkeit eher kühl da hinten? Singt nicht der Hunsrücker Nachbar, wenn er so richtig breit ist, „Ach, du scheußlicher Ei-ei-eifelwald, auf die blöden Maare pfeift der Russ’ so kalt“ oder so ähnlich? Und wenn schon der Russe drauf pfeift, kann es dann noch ein Kleinod deutscher Landschaft sein? Wer weiß, was erst noch Schorsch Busch dazu sagen würde! Aber ob der schon mal in Maria Laach war und sich von der reizenden Landschaft hat bezaubern lassen – oder gar im Maar geplanscht hat? Vielleicht täte ihm das mal ganz gut!

Man wird jedenfalls nicht von der Hand weisen können, daß sich die Eifelfrage nicht durch einen Einmarsch, aber auch nicht durch konsequente Nichtbefassung wird lösen lassen. Ein Einmarsch wäre völkerrechtswidrig und würde die Probleme nur noch verstärken.

Aber auch ein Totschweigen führt zu nichts. Das zeigt eine Analyse der letzten 200.000 SPIEGEL-Ausgaben. Die Eifelfrage wird darin mit keinem einzigen Sterbenswort auch nur andeutungsweise angesprochen. Obwohl sie doch wer weiß wie virulent ist!

Daß das nicht angehen kann, das habe ich Rudolf Augstein noch wenige Wochen vor seinem viel zu frühen Ableben persönlich gesagt, als wir im Beiprogramm zur legendären Binnenalster-Badewannenregatta bei einer Podiumsdiskussion des Adenauer Heimatvereins aufeinandertrafen. Ich sage noch: „Hör mal, Rudi“, sag ich noch, „wir Eifelaner aus Adenau sind Sturköppe. Das weißt du genau. Bist ja selber einer“. Augstein protestierte schwach, aber da war ich schon in Fahrt. „Ein Nachrichtenmagazin wollt ihr sein? In Deutschland und Europa Spitze und sucht ihr in der Welt euresgleichen? Ha!“, stieß ich hervor, „Ha! Da kann ich nur lachen“, lachte ich bitter, und Augstein sah mich aus kalten kleinen Augen aufmerksam an. „Wo bleibt der SPIEGEL-Titel zur Eifelfrage? Wo? Wo??“ Ich packe Augstein an den Revers und schüttle den kleinen, wehrlosen alten Mann heftig, was vielleicht, ich will es ihm und mir eigentlich nicht wünschen, seinem Zustand nicht gerade förderlich war. Aber ich konnte nicht anders. „Was“, raste ich förmlich, „was hat euer Spiegel für uns Eifelaner getan? Wir abonnieren euch tausendstückweise, ohne uns wärt ihr nichts, nichts, nichts!“ und mit jedem „nichts“ schlug ich seinen Kopf gegen die Kulisse, auf die rührige Hamburger Gutmenschen unseren Mayener Heimatmaler Karlheinz den Adenauer Forst und die Nürburg hatten pinseln lassen. „Und was tut ihr für die  Lösung der Eifelfrage? Nichts! Nichts!! Nichts!!!“

Das war meine ehrliche Meinung und ist es heute noch. Saddam Hussein wäre niemals so weit gekommen, wenn er sich damals beim Skifahren in Daun den Hals gebrochen hätte. Aber weil es keinen Lift gab, war der Herr zu faul dazu. Bibo und ich, wir kletterten eigenhändig hoch und fuhren wieder runter, aber Saddam Hussein war sich für so was natürlich zu fein. Und fuhr wohlbehalten nach Hause. Jetzt haben wir den Salat. Das hätte alles nicht zu passieren brauchen, wenn man der Eifelfrage die ihr gebührende Aufmerksamkeit geschenkt hätte. Das kann man auch jetzt noch tun. Man muß es nur wollen.

 → Alltägliche und seltsame Geschichten und Begebenheiten (1)

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