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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Die Frankfurter Garten- und Landschaftsarchitektin Ute Wittich

Form und Farbe, Kunst und Wasser

Von Renate Feyerbacher

Haus Lammerting, Foto: Renate Feyerbacher

Im Frühjahr trafen sich in Köln im Haus und im Garten von Kristin Lammerting, Biologin, Gartenexpertin, Buchautorin und Besitzerin einer Palmenbaumschule in Neuseeland, acht Gartenexpertinnen. Elf hätten kommen sollen, drei waren verhindert. Die Crème de la Crème weiblicher Gartenkunst war bei Regenwetter versammelt. Unter den acht war die Frankfurter Garten- und Landschaftsarchitektin Ute Wittich.

Zweite von links: Ute Wittich (am 20. März 2013), Foto: Renate Feyerbacher

Ute Wittich ist eine Quereinsteigerin. Zuerst absolvierte sie eine kaufmännische Ausbildung. Sie war Fotografin und Buchautorin. Für ihren ehemaligen Mann, einen Gartenarchitekten, zeichnete sie die Pläne und fand schliesslich zu ihrer eigentlichen Berufung. 1983 erwarb sie den Titel „Garten- und Landschaftsarchitektin“ bei der Architektenkammer Hessen. Noch unerfahren, aber äusserst kompetent und mutig: Ihr erstes Projekt war in Zusammenarbeit mit den Architekten Braun & Schlockermann die Gestaltung einer Altenwohnheim-Anlage in Offenbach und dann der Grossauftrag der Stadt Frankfurt: hunderte Hinterhöfe von Beton zu befreien und in Grün zu verwandeln.

Dreissig Jahre sind sie und die Mitarbeiter – beziehungsweise meist waren es Mitarbeiterinnen – ihres Büros nun aktiv.

Kunstvoll zeichnet sie auch heute noch die Gartenpläne klassisch per Hand. So können sich ihre Auftraggeber, die sie vorher nach Wünschen und auch nach Allergien befragt hat, den zukünftigen Garten gut vorstellen.

Ute Wittich am 20. März 2013 im Gespräch mit dem Biologen, Botaniker, Filmemacher, TV- Gartenspezialist, Reiseschriftsteller und Reiseführer Elmar Mai, Foto: Renate Feyerbacher

Viele kennen Ute Wittich als Jurymitglied des Gartenwettbewerbs der FR. Und viele kennen eines ihrer wichtigsten Projekte: die gärtnerische Gestaltung des Karmeliter-Klosters, die sie 2011 nach der Wiedereröffnung des Instituts für Stadtgeschichte präsentieren konnte. Glücklich war sie, dass nach vierjähriger Sanierung die herrliche Magnolie überlebt hatte.

Foto: Ute Wittich

Das alte Gemäuer des Klosters aus dem 15. Jahrhundert verlangte zunächst, sich mit der Geschichte der Gartenkunst und der Denkmalpflege auseinanderzusetzen. Diesem Ort der Stille mitten im Stadtlärm wurde sie mit dezenten Farben, mit Pastelltönen gerecht. Sie wählte Hortensien, deren Schaublüten sich im Herbst farblich verändern. Ihre bevorzugten Farben sind Weiss, Violett, Blau und Rosa. Rot und Gelb dürfen aber auch nicht fehlen.

Mit dabei im Garten des Karmeliterklosters ist die Strauchpfingstrose Paeonie, die in der christlichen Symbolsprache Heil, Reichtum, Heilung und Schönheit bedeutet, die heute noch pharmazeutisch genutzt wird und in der Kunst eine Rolle spielte. Herbst-Anemonen kommen im Spätsommer hinzu. Ihr Zartrosa harmonisiert mit der Sandsteinfassade. Lilienähnliche Tulpen und weisse Narzissen erfreuen im Frühjahr den Vorgarten. Heckenkompositionen mit Eiben in unterschiedlichen Längen sollen an die Orgelpfeifen in der Klosterkirche erinnern.

Vorgarten, Foto: Ute Wittich

Viele grüne Pflanzen umranden die Rasenfläche, die betreten werden darf, im Innern des Kreuzgangs, in dem die herrlichen Reste der alten Wandmalereien Jörg Ratgebs zu bewundern sind.

Ich liebe Grün in allen Schattierungen: die Blattstruktur zarter feiner Halme, Blätter geschlitzt, gezackt, gerundet, spitz oder oval, feingliedrig oder die ganz grossen des Mammutblattes am Wasser“. Blattformen sind für Ute Wittich auch ohne Blüten ein Universum für sich. Sie nennt sie eine „monochrome Sinfonie“.

Karmeliterkloster, Foto: Ute Wittich

Den historischen Gärten stehen die temporären Gärten gegenüber. Das sind saisonale Kompositionen, Fantasiegärten mit experimentellem Charakter. Natürlich stehen immer die Pflanzen im Mittelpunkt. Ein „Rosenbaum“ mit Rosengedichten zum Abpflücken gehörte einmal zum Rosenfest im Frankfurter Palmengarten. Für „Schach – die Lust der Dame auf den König“ beim Gartenfest Schloss Fasanerie in Eichenzell bei Fulda wurde 2001 der Hessische Kulturpreis für zeitgenössische Gartenkunst verliehen. Es war ein Projekt in Zusammenarbeit mit ihrem heutigen Mann, dem Künstler Bernhard Jäger, der König und Dame schuf.

„Schach – die Lust der Dame auf den König“, Schloss Fasanerie bei Fulda 2001, Foto: Ute Wittich

2012 war sie mit „Röslein, Röslein, Röslein“ im Garten des Barockschlosses vertreten und heimste erneut einen Preis ein.

Ein Preis wurde ihr auch für den kohlrabenschwarzen bis grasgrünen Wassergarten um Schloss Wolfsgarten in Langen/Egelsbach verliehen. Die quadratischen Wasserbecken liess sie mit Wegen aus Briketts, einer bestückt mit einem vergoldeten, umrahmen.

Schon fünfmal, zuletzt 2010, ist Ute Wittichs Gartenarchitektur-Büro bei den Gartenfesten dabei, die seit 1998 auf Schloss Ippendorf in Bad Essen veranstaltet werden. Dabei gab es einen Preis für 1000 blaue Bohnenstangen. Auch hier war Bernhard Jäger beteiligt.

Professionell und futuristisch, fantasievoll und witzig – selbst stilisierten Gartenzwergen gibt sie die Ehre -: experimentell sind die Temporären Gärten der Ute Wittich.

Foto: Ute Wittich

Ihre Privatgärten, die es in Hessen überall gibt, sind oft minimalistisch, architektonisch streng, modern, elegant und spielen gerne mit Wasser. Aber es gibt auch ökologisch verträumte Gärten, je nach Wunsch der Auftraggeber. Die Bauart des Hauses ist ebenfalls entscheidend.

Foto: Ute Wittich

Nicht nur in Deutschland sind die Frankfurter Gartenzauberin und ihr Team aktiv. Mallorca, Südfrankreich, Kalifornien sind nur einige Stationen ihres Wirkens. Ute Wittich reist gerne, und von diesen Reisen nach Afrika oder China bringt sie Schmuck mit: silberne Armreife, Hochzeitsketten, Ohrgeschmeide. Seit über 40 Jahren sammelt sie Schmuck aus fernen Ländern.

Derzeit ist Ute Wittichs Gartenarchitektur-Büro eingebunden in das Frankfurter Grossprojekt „Wohnen im Europaviertel“. Ihre „pure Lust auf Gärten“ ist unerschütterlich.

In dem Bildband „Garten-Expertinnen und ihr grünes Wissen“, herausgegeben von Kristin Lammerting mit Fotos von Ferdinand Graf von Luckner, Callwey Verlag München 2013 – wird sie mit einem interessanten, informativen Porträt geehrt.

Ute Wittich und Bernhard Jäger am 5. August 2012 im Museum Giersch, Foto: Renate Feyerbacher

Abgebildete Gartenkunst © Ute Wittich

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