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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Wiedervereinigt: Frankfurter Annenaltar

Von Erhard Metz

Seit Mitte August 2012 zeigt sich der Frankfurter Annenaltar, korrekt gesagt das Annenretabel, also der Altaraufsatz, samt der Predella, also dem Sockel, aus der ehemaligen Frankfurter Dominikanerkirche in seiner vollen Schönheit und Prachtentfaltung als eines der Glanzstücke im neu entstandenen Historischen Museum Frankfurt, bekannt unter dem Kürzel „hmf“. Für den der Heiligen Anna gewidmeten Altar geschaffen hat ihn um 1504 der sogenannte Meister von Frankfurt, ein namentlich nicht näher identifizierter Maler in Wirklichkeit flämischer Herkunft.

Begehrtes Foto- und Filmobjekt in der Pressekonferenz: das vollständige Annenretabel; Foto: Erhard Metz

Vollständig ist das Meisterwerk auch nach dem Ankauf der vordem fehlenden Altar-Aussentafel mit der Darstellung der Heiligen Ottilia und der Heiligen Cäcilia in Halbgrisaille – überwiegend in Schwarz, Grau und Weiss – allerdings noch nicht. Denn die beiden Predella-Tafeln mit dem Bethlehemitischen Kindermord und der Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten stehen im Eigentum der Staatsgalerie in Stuttgart, die sie dem hmf dankenswerter Weise für die Dauer eines Jahres als Leihgaben zur Verfügung stellte. Anschliessend werden Kopien diese beiden Originaltafeln ersetzen müssen. Wobei einige geschickt verklausulierte Äusserungen von Museumsdirektor Jan Gerchow aufhorchen und die Hoffnung aufkeimen liessen, ob sich nicht doch ein Weg finden lassen könnte, dieses jetzt wiedervereinigte, einmalige Ensemble in seiner Ganzheit zu belassen, sei es vielleicht im Wege einer Dauerleihgabe oder in Form eines Erwerbs.

Meister von Frankfurt, Annenretabel aus der Dominikanerkirche, um 1504, die angekaufte Aussentafel: Halbgrisaille mit der Darstellung der Heiligen Ottilia und Cäcilia; © hmf, Foto: H. Ziegenfusz

Bereits im 18. Jahrhundert wurden die Retabeltafeln zerlegt, um Vorder-und Rückseiten gleichzeitig präsentieren zu können. Spätestens zum Zeitpunkt der Säkularisation wurden sodann einzelne Tafeln veräussert. Die Odyssee der Ottilia- und Cäcilia-Tafel dauerte über zwei Jahrhunderte, bis das Gemälde wieder in seine Heimat zurückfand.

600.000 Euro waren für den Ankauf der Ottilia- und Cäcilia-Tafel aufzubringen, wahrlich die berühmt-berüchtigten „peanuts“ gegen solche Summen, die Oligarchen und andere Milliardäre für einen Koons meinen hinlegen zu müssen, und doch für „normale Menschen“ ein ausserordentlicher Betrag. Insbesondere die Kulturstiftung der Länder in Berlin, die Ernst von Siemens-Kunststiftung in München, die Hessische Kulturstiftung Wiesbaden und die Ernst Max von Grunelius-Stiftung in Frankfurt am Main ermöglichten den Erwerb.

Meister von Frankfurt, Annenretabel aus der Dominikanerkirche, um 1504, Innenseite des linken Flügels mit der Geburt Mariens, Mitteltafel mit der Heiligen Sippe, Innenseite des rechten Flügels mit dem Marientod, Montage aus drei Fotografien, diese jeweils © hmf, Fotos jeweils: H. Ziegenfusz

Meister von Frankfurt, Annenretabel aus der Dominikanerkirche, um 1504, Predella mit Bethlehemitischen Kindermord und Flucht nach Ägypten; Stuttgart, Staatsgalerie, zurzeit als Leihgabe im hmf; Foto: Erhard Metz

Das Annenretabel ist im Sammlerraum des Carl Theodor von Dalberg zu sehen, einst drei Jahre (1810 bis 1813) Grossherzog von Frankfurt am Main, als Teil der neuen Dauerausstellung „Frankfurter Sammler und Stifter“, auf die wir noch zurückkommen werden. Dem, der mehr über den berühmten „Annenaltar“ erfahren möchte, sei der Erwerb der hervorragend getexteten, liebevoll bebilderten und gestalteten, darüber hinaus preiswerten Publikation „Der Annenaltar des Meisters von Frankfurt“ empfohlen.

→  Aufbruch in die Zukunft: das Historische Museum Frankfurt

 

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