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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Sommerausstellung 2012 des Frankfurter Künstlerclubs

EZB und Zoo

– so lautet das Motto der diesjährigen Sommerausstellung des Frankfurter Künstlerclubs im Nebbienschen Gartenhaus, vorgegeben vom Vorstand des Vereins. Jedes Mitglied konnte sich beteiligen, eine Auswahl unter den eingereichten Werken findet nicht statt. Es müssen nicht unbedingt neue Arbeiten sein. Alle Techniken sind erlaubt, aber es dominieren Malerei, Zeichnung, Collage und Digitaltechnik; lediglich eine einzige Skulptur kontrastiert das Angebot. Für die Dauer der Ausstellung findet eine Publikumsbewertung statt, jeder Besucher des Nebbienschen Gartenhauses – aufs Jahr gesehen sind dies insgesamt fast 10.000 – kann seine drei Lieblingsarbeiten auf einem Stimmzettel kennzeichnen und diesen an Ort und Stelle abgeben. Die Preisverleihung findet dann zur Weihnachtsfeier statt.

Nicht unerwartet griff die Mehrzahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer das Thema Zoo auf. Und ebenso erwartungsgemäss finden sich unter diesen Werken zahlreiche mehr oder weniger naturalistische Tierporträts. Zum Thema Europäische Zentralbank EZB kann man Arbeiten vorwiegend zur Architektur (auch des künftigen Gebäudes der Bank im Osten der Innenstadt) betrachten.

Die folgende kleine Auswahl ist – wie stets – subjektiv und „ungerecht“ und greift aus der grossen Zahl der Exponate einige Arbeiten auf, die uns in besonderer Weise reflektiert und/oder originell erscheinen, beginnen wir mit der EZB:

Klaus Gajus Gorsler, EZBarometer (Rettungsschirme), Collage

Den höchsten Sturz haben die Griechen zu bewältigen, während die Fallhöhe Deutschlands am geringsten ist. Die Commerzbank grüsst im Hintergrund. Eine schöne, ironisch-kritische Arbeit.

Kerstin Rudnik, Goldrausch, Acryl-Mischtechnik

Die Künstlerin macht aus den Geldgeschäften der Banken und dem Geldsegen der Rettungsschirme einen Goldrausch: Gold und Gier, wie in Richard Wagners Ring-Tetralogie, im Feuersturm der „Götterdämmerung“.

„Nach Golde drängt,
Am Golde hängt
Doch alles. Ach wir Armen!“

liess schon Johann Wolfgang Goethe seine Margarete im „Faust“ erkennen.

Klaus Straßheim, Grossmarkthalle Frankfurt, Conversion/Umnutzung 1941 – 2012, Gouache/Acryl

Der begonnene Neubau über der alten Grossmarkthalle, davor Bahngleise. Auf der erst 1997 installierten Gedenktafel lesen wir: „Die Grossmarkthalle war von 1941 bis 1945 Sammelpunkt für die Deportation jüdischer Männer, Frauen und Kinder aus Frankfurt und Umgebung. Auf Anordnung der Gestapo war ihnen mitgeteilt worden, sie sollten evakuiert oder zum Arbeitseinsatz nach Osten gebracht werden. Man raubte ihnen die letzte Habe und misshandelte sie in den Kellern der Halle. Dann wurden sie wie Vieh in Güterwaggons geladen. Die Ziele der Transporte waren Orte der Vernichtung.“

Auch die Arbeiten zum Thema Zoo beinhalten Schmerzliches:

Renate Bermel, Faunaimmaginata 1 und 2, Öl und Acryl

„Guernica“ von Pablo Picasso stand dem Diptychon der Künstlerin wohl ein wenig Pate. Der Vergleich mag erschauern lassen. Aber: In der Mehrzahl auch der deutschen Zoos leiden Tiere, wie jüngst eine umfangreiche Untersuchung belegte, unter völlig mangelhafter, nicht artgerechter Unterbringung.

Ähnlich kritisch, wenn auch mit anderen künstlerischen Mitteln ausgeführt, die beiden Arbeiten von Bärbel Holtkamp, bei deren Betrachtung man ständig Neues entdecken kann: Die Tiere haben das Gefängnis des einsperrenden Zoos verlassen, verzeihen aber den Menschen und begegnen ihnen in Frieden.

Bärbel Holtkamp, Zoo-Traum I und II, Tusche, Acryl

Monika Gimbel, Meer-Aquarium-Fossil, Acryl auf Seidenpapier

Eine schöne, durch die Krausung des Seidenpapiers fast halbreliefartige Arbeit: Memento an die Ursprünge des Lebens, an die auch heute noch uns Menschen fantastisch erscheinende schöpferischen Evolution – oder die evolutionäre Schöpfung.

Zum Abschluss dieser kleinen Auswahl eine grossformatige, intelligent-witzige Arbeit, die an den legendären Frankfurter Zoodirektor Bernhard Grzimek und an seine zahlreichen Fernsehauftritte mit Gepardin Cheeta im Studio des Hessischen Rundfunks erinnert: Hier bewacht nicht der Mensch das Tier, sondern umgekehrt das Tier seinen geschätzten, ja geliebten Menschen.

Alice, Der Gepard bewacht Grzimeks Mittagsschlaf, Öl auf Leinwand

Alles in allem: Eine gehaltvolle, den Besuch lohnende Ausstellung. Auch wenn Städel-Direktor Max Hollein die Bilder nicht für sein Museum ankaufen wird: Sie, liebe Leserinnen und Leser, können sie zum Schmuck Ihres Heimes erwerben und sich an ihnen erfreuen!

Schade übrigens, wenn Sie die Vernissage versäumt haben: Sie wurde von einer hinreissenden musikalischen Darbietung begleitet: dem Gitarristen und Singer-Songwriter Jürgen Schwab (rechts im Bild) und dem Bass-Gitarristen und Sänger Frank Höfliger.

(Bildnachweis: Frankfurter Künstlerclub)

Sommerausstellung, Frankfurter Künstlerclub im Nebbienschen Gartenhaus, bis 29. Juli 2012

(abgebildete Arbeiten © jeweilige Künstlerinnen/Künstler; Fotos, soweit nicht anders bezeichnet: FeuilletonFrankfurt)

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