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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Alltägliche und seltsame Geschichten und Begebenheiten (2)

Das Vermehlungsverfahren beim niederfränkischen Erbspüree im Für und Wider des internationalen Meinungsstreits

von Diplom-Erbstheoretiker Rüdiger von Pausa

Die Erbswurst ist eine der edelsten Wurstsorten Europas. Ihre Verbreitung hat sie zu einem der beliebtesten Zahlungs- und Tauschmittel des Kontinents gemacht, ja, auch in Amerika und Asien wird sie häufig und gern in Zahlung genommen.

Weniger schön sieht die Situation beim Erbspüree aus, das sich bis heute eigentlich nie so richtig aus seiner niederfränkischen Heimat befreien und einen Siegeszug um die Welt antreten konnte, der doch dem gemeinen Kartoffelbrei schon vor mehr als 42 Jahren gelungen ist. Die Ursachen für diese bislang enttäuschende Entwicklung will die folgende Analyse aufzeigen.

Das originäre, niederfränkische Erbspüree, von den Einheimischen auch „Schotenmus“ genannt, besteht im Grunde aus sehr wenigen und simplen Ingredienzien. Auf ein Kilo Erbsen (Lesegrad II b) nimmt man einen Löffel Salz, zwei Teelöffel geriebene Karpotthäute, zehn Deka Pottasche, ein viertel Klafter Guttapercha, Zucker, Zimt, Safran (für ein erfolgreiches „Gehlen“ des E. P.) und noch dies und jenes mehr wie Liebstöckel, Sauerbein, Bohnenstroh etc. … Dazu nimmt man dann noch dies und das.

All das wird zu einer Pampe gemengt, die sich wie flüssiger, kochendheißer Asphalt anfühlt, so riecht und auch so schmeckt, durchgesiebt, geseiht und dreißig Jahre lang gekocht. Ein ständiges Rühren ist dabei nicht unbedingt erforderlich.

So weit, so gut. Nach dem Erkalten der Masse jedoch geht es überhaupt erst richtig los. Jetzt nämlich kommt das bekannte, niederfränkische Vermehlungsverfahren zum Tragen. Jetzt zieht sich der Mehlspezialist seine Schürze an, stülpt die Schutzkappe über und geht ans Werk. Er läßt die Pampe langsam erstarren, hebt sie daraufhin Schicht um Schicht mit geschliffenem Spatel ab – Vorsicht, das ist Knochenarbeit! – und schiebt die so gewonnenen pfannkuchenförmigen „Seigel“ in die „Marutze“ (einen gewölbten Kanonenofen), wo sie in einer Hitze von ca. 830° C augenblicklich zu Mehl zerfallen.

Hier nun setzt die Kritik der meisten E. P.-Forscher an. Warum eigentlich dieses umständliche Vermehlungsverfahren, fragt man sich an Main und Rhein, es ginge doch auch einfacher. So meint beispielweise Herbrand Geiselbender in der „Neuen Erbspost“, man könne doch auch einfach die Seigel noch warm in einen ganz gewöhnlichen Fubel schieben, die Beregnungsanlage in Betrieb setzen, mit dem Messer kleine Bröckchen aus den Seigeln schneiden, dieselben assimilieren, konzentrieren und frikassieren, kondensieren, transpirieren und konspirieren, dann brauche man sie nur noch zu pürieren und zu passieren, dann sei das schönste Erbsmehl fertig. Man spare hier die gesamte Marutze und alles, was die Arbeit mit ihr so unangenehm mache (N. E.-P, 37/1972, S. 13).

Den Vorschlag Geiselbenders in Ehren, aber schaut man sich dieses auf den ersten Blick wahrlich von bestechender Einfacheit geprägte Verfahren einmal gründlicher und unter dem Aspekt der tatsächlichen Alltagspraxis an, so stellt man auch hier den altbekannten Makel der Umständlichkeit fest, der bei näherer Betrachtung überhaupt allen Alternativvorschlägen ebenso wie dem traditionellen Verfahren anhaftet.

Summa summarum bleibt festzuhalten, dass momentan noch keine bessere Lösung der Vermehlungsfrage beim E. P. im Raume steht. Es wird auf der ganzen Welt unter Einsatz bedeutender finanzieller Mittel fieberhaft daran gearbeitet, und vielleicht erlebt noch unsere, wahrscheinlich aber erst die nächste Generation den Tag, an dem die Welt aufatmet: dieses Problem ist gelöst!

Text © -habust-

→ Alltägliche und seltsame Geschichten und Begebenheiten (3)

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